#45 Überholte Erwartungen von Mitarbeitern an Ihren Chef
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Wünschen Sie sich auch, dass Ihr Chef stärker hinter Ihnen steht und wäre es nicht wunderbar, wenn Sie sich jederzeit auf ihn verlassen könnten?
Warum solche Erwartungen an Chefs heute nicht mehr in unsere Arbeitswelt passen, was sie bei Mitarbeitern und ihren Führungskräften sogar anrichten können und was stattdessen eine gute Mitarbeiter-Chef-Beziehung ausmacht - darum geht es hier
- Mein Chef steht immer hinter mir
Viele Angestellte wünschen sich einen Chef, der ihnen den Rücken frei hält, wenn es ernst wird. Der ihnen im Alltag Orientierung gibt und ihnen freien Lauf in der persönlichen Entwicklung lässt.
Es mag eine Redewendung sein, doch das Bild des hinter seinen Mitarbeitern stehenden Chefs passt kaum noch zu einer gesunden Führungskultur. Der Antreiber, Kontrolleur oder über-die-Schulter-Gucker ist nicht mehr zeitgemäß.
Was es braucht, ist ein Chef, der nicht von hinten auf Köpfe schaut, sondern von der Seite in Gesichter - und der da ist, wenn er gebraucht wird. Er begleitet jeden einzelnen Mitarbeiter, wie er es gerade benötigt und gibt dem Team das gute Gefühl und den sicheren Halt, als Begleiter jederzeit da zu sein.
- Auf meinen Chef ist immer Verlass
Führungskräfte sollen verlässlich sein. Chefs sollen berechenbar und konsequent sein. Sie sollen zu ihrem Wort stehen, Meinungen vertreten, Entscheidungen treffen und einmal gemachte Zusagen einhalten.
„Auf meinen Chef ist immer Verlass“ ist allerdings auch ein Warnsignal, denn nicht selten verbirgt sich dahinter ein Mitarbeiter, der gekonnt jegliche Entscheidung an den Chef delegiert und null Verantwortung übernimmt.
Wer als Mitarbeiter im Team lernt, dass sein Chef jegliches Problem für ihn löst, wenn er es nur nach oben eskaliert, der bleibt in seiner persönlichen und fachlichen Entwicklung nicht nur auf der Stelle stehen, sondern wird auch schnell vom Chef als lästig und von den Kollegen als hilflos, schwach und Verräter gesehen.
Natürlich sollten sich Mitarbeiter auf ihren Chef verlassen können - jedoch in erster Linie dann, wenn eigene Lösungsideen für Probleme und Konflikte nicht zum Erfolg geführt haben.
- Mein Chef lässt mich einfach machen
Handlungs- und Entscheidungsspielräume wünschen sich fast alle Angestellten. Vorbei die Zeit von Anweisung und Kontrolle, zumindest in der Theorie moderner Führung.
Tatsächlich findet sich hinter dieser großzügig anmutenden Führungskultur oft ein Chef, der seine Mitarbeiter nicht im Blick und keine Zeit für sie hat, weil er nur darauf fixiert ist, die eigenen Aufgaben zu erledigen und den Erwartungen von oben zu genügen.
Die Mitarbeiter dahinter beklagen, dass sie sich in entscheidenden Fragen nicht mit ihrer Führungskraft abstimmen können oder tagelang auf Reaktionen per Mail warten. Andere im Team werden so sehr im Regen stehen gelassen, dass sie den fachlichen Hintergrund ihrer Aufgaben und damit den Sinn an der Arbeit nicht mehr erkennen können.
Eher selten finden sich Führungskräfte, die Handlungs- und Entscheidungsspielräume aktiv gestalten. Findet Führung nicht mehr statt, dann haben Mitarbeiter und Teams maximale Handlungsfreiheit und (müssen) tun, was sie selbst für richtig halten. Empfundene Freiräume, die jedoch die meisten Angestellten stressen.
Die Kernfrage an dieser Stelle ist, ob Freiheiten im Job mangels oder als Resultat guter Führung des Chefs entstanden sind und ob sie dem Mitarbeiter gut tun.
- Mein Chef hat immer ein offenes Ohr für mich
Mitarbeiter loben, dass ihr Chef jederzeit für sie ansprechbar ist. Der Ärmste! Konzentriertes arbeiten kann er vergessen. Wichtige Ding wird er erledigen, wenn kein Mitarbeiter mehr in der Firma ist oder er tut es am Wochenende - die Familie lässt grüßen.
Mindestens genauso schlimm ist jedoch, dass unter diesen Umständen keine Zeit mehr bleibt, sich intensiv mit konzeptionell-strategischen Fragen, also mit der Arbeit AM Unternehmen zu beschäftigen.
Eine Führungskraft, die ihren Mitarbeitern das sichere Gefühl gibt, jederzeit erreichbar zu sein, macht sich zum alleinigen Problemlöser und fördert damit kein Lösungsdenken im Team. Warum selbst nachdenken, wenn ich kurz damit zum Chef vorbeigehen kann und er mein Problem löst oder eine Entscheidung absegnet? – eine Haltung, die es Mitarbeitern sehr bequem macht, Verantwortung abzugeben und Chefs zum Mädchen für alles werden lässt.
Stattdessen sollten Mitarbeiter akzeptieren und auch ein Auge dafür haben, dass ihre Chefs einmal keine Zeit haben dürfen.
- Mein Chef und ich verstehen uns super
Besonders in jungen Teams oder in Unternehmenskulturen, die sehr auf Du und Du und Augenhöhe stehen, drängt sich das Bild des Chefs, der gleichzeitig der beste Kumpel ist, häufiger auf.
Meist war der Chef zuvor selbst lange Jahre Mitarbeiter im Team oder er ist überfordert, ein Team zu führen und der Kuschelkurs ist einfach nur die angenehmste Lösung.
Auf der anderen Seite glauben viele Mitarbeiter, dass sie es ihrem Chef einfach nur recht machen müssen, um damit Anerkennung zu ernten. Sie setzen alles daran, dass jederzeit gute Stimmung herrscht und lächeln jedes Problem sowie den kleinsten Anflug von Konflikt einfach weg. Nur Gutes und Erfolge werden in Richtung Chef kommuniziert. Sorgen, Ängste und Zweifel nehmen sie lieber mit nach Hause.
Eine gute Beziehung zwischen Chef und Mitarbeiter wird vor allem durch Verantwortung, Vertrauen und Klarheit geprägt. Stimmt die Beziehungsebene, hält diese auch viel besser ehrliche Kritik und das Eingestehen von Fehlern oder Misserfolgen aus. Basiert die Beziehungsebene hingegen nur auf Schauspiel und gefallen müssen, erschwert das die Kommunikation im Konfliktfall.
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